Sherry
Anhand der fünf Säulen, wie man bei González Byass zu sagen pflegt, auf der die Sherry-Herstellung ruht, lassen sich die Merkmale sehr gut illustrieren.
1. Der Boden
Der Begriff Sherry leitet sich aus dem über Jahrhunderte gewandelten Namen der Stadt Jerez ab. Ein Wein darf nur als Sherry bezeichnet werden, wenn er im Sherry-Dreieck von Jerez de la Frontera im Osten, El Puerto de Santa María im Westen und Sanlucar de Barrameda im Norden hergestellt wird. Hauptgrund hierfür sind die besonderen klimatischen Bedingungen, die in dieser Gegend zwischen den kühlen Poniente-Winden vom Atlantik und den warmen Levante-Winden aus Nordafrika herrschen. Die Temperaturen sind über das ganze Jahr relativ hoch, es gibt um die 300 Sonnentage und es regnet selten. Zudem ist die besondere Beschaffenheit der „Albariza“ genannten Kalkböden in dieser Region für den Weinbau unverzichtbar, da das an wenigen Tage reichlich niederschlagende Wasser durch die verschiedenen Schichten nicht so schnell versickert und so länger gespeichert wird. Die langen Wurzeln der Weinreben holen sich auch noch aus mehreren Metern Tiefe das verbliebene Regenwasser. Auf dem Gelände der Bodega befindet sich ein kleiner Weinberg, an dem diese Besonderheit sehr gut zu erkennen ist.
2. Die Trauben
In der Vergangenheit wurde eine Vielzahl von Trauben zur Sherry-Herstellung verwendet, heute werden nur noch drei verschiedene Sorten angebaut. Der Hauptteil der Produktion bei González Byass basiert auf der Palomino Fino Traube, aus ihr werden grundsätzlich trockene Sherrys hergestellt. Um den Most zu gewinnen, werden die Trauben bis zu viermal ausgepresst, wobei der erste leichte Pressvorgang den hochwertigsten Most – im Spanischen „mosto yema“ genannt – hervorbringt. Auf dem Gelände sind noch einige alte Instrumente zu besichtigen, die ursprünglich zum Pressen der Trauben verwendet wurden.
Daneben gibt es noch die zwei süßeren Traubenarten Pedro Ximénez – kurz „PX“ – und Moscatel, wobei González Byass keine Moscatel-Trauben verwendet. Nach der Ernte werden die lang gereiften Pedro Ximénez Trauben in den besonders heißen Monaten getrocknet bis ein Großteil der Flüssigkeit entwichen ist und sie aussehen wie Rosinen. Bei dem sogenannten Soleo-Verfahren verliert die Traube mehr als 40 Prozent ihres Wassers. So entsteht am Ende ein äußerst süßer Wein, der in seiner Konsistenz an Sirup erinnert und nur aus natürlichem Zucker besteht.
3. Das Fass
Früher wurden die Fässer noch selbstständig aus Kirschholz gefertigt, heute bezieht González Byass seine Fässer aus amerikanischer Weißeiche von einem externen Lieferanten. Darin lagert der Sherry im Solera-Verfahren, einer Stapelung von Fässern, die eine regelmäßige Vermählung junger und alter Sherrys erlaubt, was nicht zuletzt zu einer gleichbleibenden Qualität führt. Die Fässer liegen auf mehreren Ebenen – den „Criaderas“ – übereinander, wobei in einem festgelegten Zeitabstand aus der unteren Reihe – der „Solera“ – aus jedem Fass ungefähr 25 Prozent abgefüllt werden und der fehlende Teil aus der darüber liegenden Reihe nachgefüllt wird. Die Fässer werden in der Regel um die 40 Jahre für die Reifung der Sherrys verwendet, wodurch sich in jeder Abfüllung auch sehr lange gereifte Anteile finden lassen. Die Altersangaben der Sherrys sind daher als Mindestreifung zu verstehen. In regelmäßigen Abständen vertreibt González Byass aber auch kleine Stückzahlen sehr alter Sherrys, die nicht im Solera-Verfahren, sondern nur in einem Fass gelagert werden.
Der größte Teil der Bodegas besteht aus Kelleranlagen für die Lagerung der Fässer, die nach und nach entstanden sind, um das Wachstum von González Byass aufzufangen. Daher umspannen das Gelände auch mehrere öffentliche Straßen, die für einen reibungslosen Produktionsablauf gesperrt wurden und so lange von González Byass kontrolliert werden dürfen, wie auf dem Gelände Sherry hergestellt wird.
Einige dieser Lagerstätten sind heute nur noch zu Besichtigungszwecken da, wie zum Beispiel die älteste, halb-offene Lagerhalle direkt am Eingang zu den Bodegas, in der heute Fässer liegen, auf denen die Flaggen aller Länder angebracht sind, in die González Byass exportiert. Neben den zahlreichen Fässern, die von berühmten Besuchern signiert wurden, finden sich auch einige Fässer zu Ehren der königlichen Familie Spaniens. Besonders interessant ist auch das alte Büro des Firmengründers, in dem heute noch die originalen Proben zu finden sind, die González von jedem exportierten Sherry aufbewahrte, sowie die Exportlisten, die er führte.
Eine weitere Besonderheit ist die Küferei, die sich heute noch mit einigen Mitarbeitern um die Pflege und Reparatur der Fässer kümmert. Als vermeintlich glückbringendes Ritual stellen die Mitarbeiter den zahllosen Mäusen, die sich in den Hallen herumtreiben, stets ein Glas gefüllt mit Sherry und einer kleinen Leiter bereit.
4. Der reduktive Ausbau
Neben den verwendeten Trauben hat die Art der Reifung den wichtigsten Einfluss auf das spätere Endprodukt. Wird der Sherry ausschließlich reduktiv ausgebaut, entstehen Finos. Bei der Herstellung wird nur der fermentierte „mosto yema“ der Palomino-Fino-Traube verwendet und so lange Traubendestillat hinzugegeben, bis ein Alkoholvolumen von 15,5 Prozent erreicht ist. Dadurch bildet sich bei der Reifung im Fass eine sehr sensible Hefeschicht, die nur bei einem Alkoholgehalt zwischen ungefähr 14 Prozent und 17 Prozent entstehen kann. Diese sogenannte Florschicht verhindert die Oxidation. So entsteht nach vier bis fünfjähriger Reifung im Solera-Verfahren der sehr helle und trockene Tío Pepe Palomino Fino, der das Aushängeschild der Bodegas und nach dem Onkel des Gründers benannt ist. Er bildet die Grundlage vieler weiterer Produkte, die aus einer anschließenden oxidativen Reifung entstehen.
5. Die oxidative Reifung
Bleibt der Tío Pepe Palomino Fino länger im Fass, erhöht sich der Alkoholgehalt so stark, dass die Florschicht abstirbt. Dadurch übernimmt der Wein durch den Kontakt mit der Luft mehr Aromen aus dem Fass und es entsteht ein Amontillado wie beispielsweise der González Byass Viña AB, der von seinen zwölf Jahren die letzten acht in Verbindung mit Sauerstoff reift. Er besitzt eine goldbraune Farbe, ist immer noch sehr trocken, wobei die Einflüsse des Fasses schon erkennbar sind. Deutlich stärker werden sie beim González Byass Del Duque, der noch weitere 18 Jahre und damit insgesamt 30 Jahre im Fass reift und währenddessen einen Mahagonifarbton annimmt. Eine weitere Variante nennt sich Palo Cortado. Diese historische Ausführung entstand ursprünglich, wenn ein Fino versehentlich mit zu viel Traubendestillat versetzt wurde, sodass die Florschicht nicht erst nach vier Jahren, sondern schon deutlich früher abstarb. Heute wird der González Byass Leonor getaufte Palo Cortado, der zwölf Jahre reifen darf, direkt bei einem Alkoholgehalt von 18 Prozent eingestellt. Dadurch bildet sich kein Flor und der Sherry kann direkt an der Luft und in Verbindung mit dem Fass reifen. Diese Herangehensweise sorgt für feine Nuss- und leichte Bitternoten, farblich besteht eine starke Ähnlichkeit zu einem Amontillado. Geschmacklich ähnlich, aber etwas kräftiger ist der Oloroso Sherry in Form des acht Jahre gereiften González Byass Alfonso. Wie jeder Oloroso wird auch dieser ebenfalls mit einem so hohen Alkoholanteil abgefüllt, dass von Beginn an eine oxidative Reifung stattfindet. Der Hauptunterschied zum Palo Cortado besteht darin, dass nicht der fermentierte Most aus der ersten, sondern der zweiten Pressung der Palomino Fino Trauben verwendet wird.
Neben diesen allesamt eher trockenen Sherrys zählen auch zwei sehr süße Pedro Ximénez Sherrys zum Kernsortiment der Bodegas. Die jüngere Ausführung mit dem Namen González Byass Néctar wird mit einem Alkoholvolumen von 15 Prozent und für neun Jahre im Solera-System eingelagert. Die ältere Ausführung González Byass Noé reift sogar 30 Jahre, wobei beide mit 370 Gramm beziehungsweise 400 Gramm pro Liter viel Zucker enthalten und durch ihre beinahe schwarze Farbe und viskose Konsistenz stark an Sirup erinnern. Aus diesem Grund werden Sherrys, die ausschließlich aus der Pedro Ximénez Traube gewonnen werden, häufig als Dessert genossen.
Für alle, die es nicht ganz so süß mögen, hat González Byass auch Medium und Cream Sherrys im Angebot, die aus einer Mischung von trockenem Sherry aus der Palomino Fino Traube und süßem Sherry aus der Pedro Ximénez Traube entstehen. Zu den Medium Sherrys zählen der González Byass Cristina und der González Byass Apóstoles. Cristina setzt sich aus 87 Prozent Oloroso und 13 Prozent Pedro Ximénez Sherry zusammen. Die Reifung läuft erst vier Jahre separat und schließlich weitere drei Jahre gemeinsam im Solera-Verfahren ab. Für den Aposteles werden 87 Prozent Palo Cortado und 13 Prozent Pedro Ximénez Sherry circa zwölf Jahre getrennt und erneut für 18 Jahre zusammen in Solera-Systeme zur Reifung gegeben. Die Cream Sherrys der Bodegas heißen González Byass Solera 1847 und González Byass Matusalem. Beide bestehen zu 75 Prozent aus Oloroso und 25 Prozent aus Pedro Ximénez Sherry. Für den Solera 1847 reifen beide Teile jeweils vier Jahre selbstständig und anschließend vier Jahre vermählt im Solera-System, während für den Matusalem beide Teile 15 Jahre eigenständig und 15 Jahre gemeinsam lagern.
Die Einordnung nach den Geschmacksrichtungen Trocken, Medium, Cream oder Süß geschieht anhand des Restzuckergehalts.