Im Rahmen einer Irlandreise im Sommer 2012 ergab sich für unseren Redakteur die Möglichkeit, die Kilbeggan Distillery im County Westmeath zu besuchen. Die weitgehend stillgelegte Whiskey-Destillerie gilt als die älteste durchgehend lizensierte Destillerie der Welt und ist heute für das Publikum als Museum geöffnet.
Die Destillerie liegt im Herzen der Republik Irland in der Kleinstadt Kilbeggan nördlich von Tullamore und ist etwa 90 Kilometer von Dublin entfernt. Da die Kilbeggan Distillery im Laufe der Jahre mehrere Besitzer hatte, ist sie auch unter dem Namen Locke’s Distillery bekannt.
Die Kilbeggan Destillerie wurde 1757 von der Familie McManus gegründet. In den folgenden Jahren konnte die Brennerei durch anhaltende Nachfrage nach Whisky und Steuersenkungen ausgebaut werden. Als jedoch 1838 die Abstinenzbewegung von Pater Theobald Mathew begann, endete der Aufschwung der Destillerie und sie geriet in finanzielle Not.
Die Familie Locke nutzte diese Situation und übernahm die angeschlagene Destillierie, die in den nachfolgenden Jahren stark expandierte und in das Exportgeschäft mit England einstieg. In den Jahren 1860 bis 1900 florierte die Brennerei. Doch während dieser Zeit veränderte sich die Herstellungsmethode durch das neue Coffey-Still-Destillationsverfahren so stark, dass das traditionelle Pot-Still-Verfahren der Locke’s Distillery nicht mehr rentabel war. Um die Jahrhundertwende sank der Umsatz folglich beträchtlich, dennoch konnte sich die Destillerie unter anderem mit dem Export in die USA über Wasser halten.
Erst der irische Unabhängigkeitskrieg, die US-Prohibition und die Einführung von Scotch Blended Whisky verwundeten die irische Whiskey-Industrie so stark, dass sie sich nicht mehr davon erholen konnte. Infolgedessen schloss die Locke’s Distillery 1957 ihre Tore.
In der folgenden Zeit schlossen sich viele Whiskey-Destillierien zusammen, um zu überleben. Die 1987 gegründete Cooley Distillery brachte Konkurrenz zurück in den Markt und übernahm ein Jahr später die Locke’s Distillery mit dem Ziel, ihr zu ihrem alten Glanz zu verhelfen. Während andere irische Destillerien nach und nach von den Großkonzernen Pernod Ricard und Diageo aufgekauft wurden, verblieb die Cooley Distillery für lange Zeit als einzige in irischem Besitz, bis sie schließlich im Jahr 2011 von Jim Beam gekauft wurde.
Heute verwendet Cooley die Hallen der Brennerei Kilbeggan, um seinen im nördlicheren County Louth gebrannten Whiskey reifen zu lassen, damit er den Namen „Kilbeggan“ tragen darf.
Die Führung begann am Haupteingang und wurde auf Deutsch gehalten. Für Erwachsene ohne Führung fallen aktuell 7,50 Euro an, Gruppen ab zehn Personen zahlen 6,00 Euro pro Kopf. In zwei weiteren Kategorien steigt der Preis auf 13,00 bzw. 20,00 Euro und beinhaltet einen Destillateure als Leiter der Gruppe und ein Tasting der Whiskeys. Genaue Details, auch zu den angebotenen Sprachen und Buchungsmöglichkeiten sind auf der Kilbeggan-Webseite zu finden. Innerhalb der Destillerie war das Fotografieren und Filmen gestattet und ist der Webseite nach sogar erwünscht.
Das Mälzen und Darren der Gerste fand an einem Ort statt, der in der Führung nicht eingeschlossen war. Daher begann die Führung vor dem Schritt des Maischens.
Nach dem Betreten der Werkshalle führte der Weg vorbei an einer Dampfmaschine, die für den Antrieb der gesamten Mechanik verantwortlich war, hinauf in den ersten Stock. Dort wurde das Malz mit einer Mühle zu Schrot gemahlen. In drei großen Maischbottichen wurde das Schrot mit Wasser verdünnt und durch ein Mischwerk umgeschichtet.
Im Erdgeschoss befanden sich die Pumpanlage und die Mechanik, die die Kraft der Dampfmaschine an die jeweiligen Stellen des Gebäudes transportierte. Ein kleiner Balkon ließ einen Blick auf den im Jahr 1820 eröffneten Seitenkanal „Grand Canal“ mit dem Wasserrad erhaschen, das für zusätzliche Kraft sorgte. Das Wasserrad trieb einige Zahnräder und Pumpen an. Das Mahlen und Knarren der Zahnräder vermittelte eine sehr authentische Geräuschkulisse und ließ die Atmosphäre während der Produktion erahnen.
Die Maische wurde in die drei Gärbottiche transportiert, worin der Zucker der Maische zu Alkohol umgewandelt wurde. Das dabei entstandene „beer“ hat einen Alkoholgehalt um 5 %. Die Gärbottiche erstreckten sich über beide Stockwerke des Gebäudes.
Der Rundgang führte uns nach draußen auf eine Plattform, von der wir die drei Kupferbrennblasen sowie den quadratischen Kamin sehen konnten. Sämtliche Kupferrohre, die das Destillat weiterleiteten, wurden vor einiger Zeit vom Betreiber entfernt und verkauft.
Wie für irische Whiskeys üblich wurde bei Kilbeggan dreimal destilliert. Dadurch konnten viele Fuselstoffe beseitigt werden und ein milder Whiskey entstehen. Dabei kam das traditionelle Pott-Still-Verfahren zum Einsatz, bei dem das Destillat nach oben aus den Brennblasen steigt. Auf dem Hof befanden sich zu Demonstrationszwecken zwei Coffey-Still-Destillationsgeräte, die in der Kilbeggan Distillery jedoch aus Kostengründen nie eingesetzt wurden.
Danach führte der Weg in das gegenüberliegende Gebäude, in dem sich eine Werkstatt befand. Darin wurden die Fässer nach der Lagerung überprüft und gegebenenfalls wieder in Stand gesetzt. Zur Lagerung dienten oftmals ausgediente Sherry-Fässer.
Einen Raum weiter stand eine kleine restaurierte Pot-Still-Destillieranlage, die zum 250-Jährigen Jubiläum im Jahr 2007 wieder zum Leben erweckt wurde. Heute produziert die Brennerei jährlich 250.000 Flaschen Whiskey und ist eigenen Angaben zufolge damit die älteste, noch produzierende Pot-Still-Anlage in Irland.
Vorbei an einigen lagernden Fässern zeigte der Angestellte eine Demonstrationsanlage, die die einzelnen Produktionsstufen des Maische- und Gärungsprozesses in Holzbottichen verdeutlichte.
Die Führung endete mit der Verkostung des Kilbeggan Irish Blend Whiskeys, der einen für irische Whiskeys typisch milden Geschmack aufweist. Weiterhin konnte man eine Geruchsprobe der drei von Cooley vertriebenen Whiskeys nehmen:
- der milde Kilbeggan Irish Blend Whiskey
- der milde Locke’s Irish Whiskey
- der rauchige Connemara Peated Single Malt Irish Whiskey
Im Shop konnte man einige Whiskeys erwerben, darunter auch ein Probierset mit zwei Kilbeggan und einem Locke’s Whiskey. Die Produkte bietet der Shop zu normalen Preisen an.
Eine gemütliche Bar vor dem Ausgang lud mit ihrem reichhaltigem Angebot an Spirituosen zu einer kleinen Pause vor der Weiterfahrt ein.
Sicherlich haben produzierende Destillierien ihre Reize, besonders was die Geruchswelt angeht, jedoch sind diese Destillierien sehr modern und lassen bei Weitem nicht so viele Einblicke zu wie diese historische, stillgelegte Destillierie. Die Kilbeggan Distillery ist jedem Irlandreisenden zu empfehlen, der sich für die Whiskeyherstellung interessiert und eine gut erhaltene Anlage besichtigen möchte. Daher trifft der Name „Kilbeggan Experience“ voll und ganz zu.