Im Mai 2010 war ein Teil unserer Redaktion im Herzen Schottlands zu einer Führung durch die heute zu Pernod Ricard gehörende Destillerie von Glenlivet. Die Begehung der Produktionsstätte wird von Glenlivet kostenlos angeboten. Aufnahmen innerhalb der aktiven Destillerie waren untersagt.
Die Destillerie liegt im nordöstlichen Teil der schottischen Highlands in der Ortschaft Ballindalloch, etwa 60 Kilometer westlich von Aberdeen und am nördlichen Ende des Craingorn National Parks. Da Glenlivet nur knappe zehn Kilometer von der Whisky-Hauptstadt Dufftown entfernt liegt, zählt deren Whisky nicht zu den Highland-Whiskys, sondern zu den Speyside-Whiskys. Die Speyside, das Gebiet entlang des Flusses Spey, bildet das Herz der schottischen Whisky-Produktion. Hier liegt etwa die Hälfte der aktiven Brennereien Schottlands, viele davon in der direkten Umgebung von Dufftown, wie zum Beispiel Macallan, Cragganmore, Knockando und Glenfiddich.
Die Fahrt durch die schottischen Highlands führte uns über viele Hügel und Täler, vorbei an unzähligen Weiden mit schottischen Rindern, zur Destillerie von Glenlivet, die auf der einen Seite viele alte aus Stein gemauerte Gebäude aufweist, auf der anderen Seite jedoch zuerst in ein sehr modern gestaltetes Besucherzentrum einlädt.
Von dort aus begann die Führung, die uns zunächst in eine große, warme Halle führte, in der die Gerste gemälzt wird. Hierfür liegt die leicht befeuchtete Gerste über einem schwachen Feuer, wodurch die Gerste zu Keimen beginnt. Durch den Torfgehalt im Feuer wird hier schon der spätere Torfgehalt des Whiskys bestimmt.
Geführt von einem älteren Herrn mit starkem schottischem Akzent, der sich jedoch alle Mühe gab, verstanden zu werden, gelangten wir daraufhin in den Raum, in dem die Gerste geschrotet wird. Anschließend ging es tiefer hinein in die Destillerie zu den Gärbottichen und dem Maischbottich. Im 11,5 Tonnen fassenden Maischbottich wird die geschrotete Gerste mit dem Wasser aus der in der Nähe liegenden Quelle Josie´s Well vermischt, bevor in den acht Gärbottichen, die zusammen 427.000 l fassen, unter dem Zusatz von Hefe, die Gärung stattfindet. Bei der Gärung wird der Zucker der Maische zu Alkohol umgewandelt. Das entstandene „beer“, mit einem Alkoholgehalt um die 5 %, wird anschließend destilliert. Hierzu gibt es bei Glenlivet vier „wash stills“: 15.000-Liter-fassende, kupferne Brennblasen, in denen die erste Destillation abläuft. Um einen feinen Rohbrand zu erhalten, durchläuft der Glenlivet-Whisky anschließend noch einen zweiten Destillationsprozess durch die vier „spirit stills“: 10.000-Liter-fassende Brennblasen, die ebenfalls aus Kupfer und in einer hohen Laternenform gefertigt sind. Da der Alkoholgehalt jetzt noch bei hohen 60-70 % liegt, wird der sogenannte „new make“ vor der Abfüllung in Fässer mit Quellwasser auf Trinkstärke gebracht.
Nach der Destillation wurde die eigentliche Brennerei verlassen und es ging hinüber zu den großen Lagerhallen, in denen die abgefüllten Fässer liegen. Dort ergab sich ein beeindruckendes Bild: in großen Regalen liegt Fass an Fass, von amerikanischen Eichenfässern in denen zuvor Bourbon lagerte, über spanische Sherry-Fässer bis zu französischen Eichenfässern. Hier bekam man ein Gefühl für das unglaubliche Produktionsvolumen der Glenlivet-Destillerie, das jährlich 5,9 Mio. Liter umfasst (Stand Mai 2010, vor der Erweiterung im Juni 2010).
Mit dem Ende der Führung ging es auf dem Weg zurück ins Besucherzentrum in einen Tastingraum, wo aus drei ausgewählten Sorten der Produktpalette Glenlivets in aller Ruhe probiert werden durfte. Das Angebot umfasste die Glenlivet-Qualitäten 12 Jahre, 18 Jahre sowie den 16 Jahre alten Glenlivet Nadurra mit Fassstärke, der mit einem Alkoholgehalt von 54,2 % aufwartet. Neben diesen bestand die Möglichkeit gegen einen verträglichen Preis höhere Qualitäten, wie den Glenlivet 21 Jahre, den Glenlivet 25 Jahre oder limierte Editionen aus der Cellar Collection, zu probieren.
Abschließend gelangte man in einen elegant gestalteten Shop, in dem neben allen Qualitäten von Glenlivet auch vereinzelte andere Whiskys im Besitz von Pernod Ricard erworben werden konnten. Wirkliche Schnäppchen können im Shop nicht gemacht werden, die Pfund-Preise lagen mindestens auf Marktpreis-Niveau.
Alles in allem hat sich die Reise zur Glenlivet-Destillerie im Jahr 2010 gelohnt. Die kostenlose Führung wurde kompakt, interessant und verständlich gestaltet. Mühevoll nahm man sich Verständigungsproblemen des schottischen Akzents an. Somit ergab sich ein sehr lehrreicher Einblick in die Kunst der Whiskyherstellung, bei der ein besonderer Eindruck für die Arbeit und Hingabe vermittelt werden konnte, die in jeder Flasche Whisky steckt.