Nur wenige Spirituosenmarken erleben eine solche Erfolgsgeschichte wie Jägermeister. Was als uriger Jagdtrunk begann, entwickelte sich in wenigen Jahrzehnten zu einem Szenegetränk mit Weltformat. Und doch ist der Global Player, der als Mast-Jägermeister firmiert und unentwegt dem niedersächsischen Wolfenbüttel treu geblieben ist, weiterhin in den Händen der Gründerfamilie Mast.
Die Idee für den Kräuterlikör, der unter dem Namen Jägermeister die Welt erobern sollte, hatte Curt Mast. Der Sohn von Wilhelm Mast, Inhaber einer Essigfabrik mit Weinhandlung im Herzen von Wolfenbüttel, war passionierter Jäger. In den frühen 1930er-Jahren machte sich Curt Mast an die Entwicklung eines Kräuterlikörs für die Jagd. 1934 stand das Rezept, das schon damals die noch heute gültigen 56 Kräuter, Gewürze und Co. sowie ein Alkoholvolumen von 35 Prozent aufgewiesen haben soll. Bereits 1935 startete die Vermarktung unter dem Markennamen Jägermeister, in der bekannten Vierkantflasche – ursprünglich noch aus Weißglas – und mit dem Hubertushirsch als Markenzeichen. Auch schon auf den ersten Etiketten findet sich die erste Strophe aus dem Gedicht „Waidmannsheil“ des deutschen Forstmanns Oskar von Riesenthal: „Das ist des Jägers Ehrenschild, daß er beschützt und hegt sein Wild, weidmännisch jagt, wie sich’s gehört, den Schöpfer im Geschöpfe ehrt.“
In den Anfängen entstand der Kräuterlikör aus 56 noch über Apotheken bezogenen Kräutern, Gewürzen und Co. Ein zentrales Utensil, das der Vermengung der Zutaten diente, war ein Zementmischer. Außerdem war der Kräuterlikör bei Weitem nicht die einzige Spirituose im Sortiment. Bis in die 1980er-Jahre stellte man unter anderem auch Korn, Gin und Kaffee-, Pfefferminz- sowie Schlehenlikör her. Bereits in den 1960er-Jahren wurde das Portfolio reduziert und der Jägermeister genannte Kräuterlikör zum zentralen Erzeugnis. Zwischenzeitlich gab es neben dem originalen Jägermeister alleinig noch einen Schlehenfeuer getauften Wildfruchtlikör. Erst in den 2010er-Jahren startete Mast-Jägermeister wieder das Experimentieren und die Einführung neuer Kräuterlikör-Variationen unter der Kernmarke Jägermeister.
Dass Jägermeister zum Welterfolg wurde, liegt wohl nicht zuletzt auch am Marketing, das vielfach ikonisch und innovativ, aber mitunter auch aggressiv oder kontrovers war. Abseits einer Vielzahl über die Jahrzehnte aufgelegter Marketing- und Fanartikel sorgte vor allem der 1973 mit dem DFB geführte Streit über die – Monate später gestattete – Einführung von Trikotwerbung in der Bundesliga für Publicity. Ebenso zeigte das Unternehmen mit Sponsorings im Motorsport sowie auf Musikveranstaltungen Präsenz. Viele Generationen erreichte man zudem durch kultig gewordene TV-Spots. Mit der in den 1990er-Jahren vom Partner Sidney Frank in den USA entwickelten Zapfmaschine etablierte sich Jägermeister in der Gastronomie weltweit.
Heute zollt das Marketing der gestiegenen Neugier der Konsumenten Tribut. Das derzeitige Etikettendesign nennt so prominent wie noch nie Angaben zum Herstellungsverfahren, angefangen bei der Anzahl der Kräuter und bis zur zwölfmonatigen Ruhephase in großen Eichenholzfässern. Die vor diesem Hintergrund entwickelte Kampagne „Gereift für die besten Nächte“, zu der auch TV-Spots gehören, erzählt von der „meisterlichen“ Akribie, mit der der Grundstoff für den Kräuterlikör heranreift, und schlägt einen Bogen zu den „Meistern“ des Nachtlebens.